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Das Ende der Eisenlüge – Rede von Dr. med. Beat Schaub

Rede (Youtube) von Dr. med. Beat Schaub an der Eisendemonstration im Bern vom Mai 2019

Liebe Frauen, liebe Kinder, liebe Männer. Liebe Schweizerinnen und Schweizer. Ich wäre heute lieber nicht hier und ich sage Ihnen auch warum: In einer fairen Schweiz wäre es schlicht nicht nötig. Es wäre nicht nötig, dass wir heute — 2019! — immer noch für die Gleichberechtigung der Frauen kämpfen müssen. Denn das Problem, um das es heute hier geht — dieses Problem, das die Politik uns aus einer Mischung aus blindem Sparwillen und falsch verstandener Tatsachen aufbürdet —, haben wir eigentlich bereits vor 20 Jahren gelöst.

Die Rede ist natürlich von der selbstverständlichen Finanzierung der intravenösen Eisentherapie durch unsere Krankenkassen. Und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dafür so zahlreich den Weg ins Zentrum der eidgenössischen Demokratie gefunden haben! Denn unsere Regierung überlegt sich ernsthaft, diese helvetische Pionierleistung unsinnigen ausländischen Standards zu opfern. Reden wir also von dieser Errungenschaft, auf die die Schweiz seit 20 Jahren stolz sein kann. Um die der Rest der Welt uns beneidet. Mit der wir gut, nein: sehr gut leben in diesem Land.

Warum? Das ist einfach. Die Eisentherapie bringt der Schweiz in der Breite nachhaltig wirkende Gesundheit zu geringen Kosten. Profitieren davon tun wir alle. In erster Linie Frauen im Menstruationsalter. Aber auch Kinder. Sie sind es, die vorwiegend an Eisenmangel leiden. Doch auch Männer profitieren natürlich davon, wenn der weibliche Teil der Bevölkerung und unsere Kinder gesund sind. Was geschieht, wenn das nicht so ist, kennen viele von Ihnen aus persönlicher Erfahrung. Die anderen werden spätestens am Frauenstreiktag am 14. Juni erkennen: Es geht uns allen besser, wenn wir gemeinsam am gleichen Strick ziehen.

Weiter profitieren auch die Krankenkassen. Sie bezahlen diese notwendi-ge Grundversorgung gern. Denn sie haben erkannt: Dank der Eisentherapie gibt es gesündere Menschen für geringere Kosten. Schon über eine Million Eisenmangel-Patientinnen und Kinder wurden in unserem Land erfolgreich mit Eisen behandelt — von über 10‘000 Ärztinnen, Ärzten und in unseren Spitälern. Helvetia ist damit die globale Eisenpionierin.

Die Schweiz ist das erste Land der Welt, in dem Eisenmangel rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Wie kann das sein? Sind wir wirklich SO viel schlauer als der Rest der Welt? Die Antwort gibt der “Iron Code”. Vor 20 Jahren hat er die globale Eisenlüge decodiert und die intravenöse Eisentherapie eingeführt.

Die Eisenlüge? Sie besagt im Kern, Eisenmangel sei erst bei einer Blutarmut eindeutig.

Dass das absurd ist — absurd! — zeigen Studien der Swiss Iron Health Organisation SIHO. Sie beweisen, dass Eisenmangel schon in seinem Frühstadium grosse Probleme verursacht: Typische Symptome sind Erschöpfungszustände, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit bis zu depressiver Verstimmung, Schwindel, Schlafstörungen, Nackenverspannungen, Kopfschmerzen, Haarausfall oder Blutarmut; bei Kindern auch ADS. Und trotzdem: Offiziell existiert das Eisenmangel-Syndrom nicht. Es wird global verschwiegen. Vielleicht sind wir Schweizer also doch schlauer als der Rest. Mindestens sind wir kritischer. Wir fragen: Wer veröffentlicht die irreführenden Lehrbücher, die das Eisenmangel-Syndrom totschweigen? Von wem werden sie organisiert? Worauf basieren sie? Nicht auf den Studien der SIHO, die seit 2005 das Gegenteil nachweist, so viel ist sicher.

Aber natürlich gibt es Kreise — grosse Kreise mit Namen voller Strahlkraft: die WHO unter anderem —, die scheinbar kein Interesse haben, dass der weibliche Teil der Bevölkerung sein volles Potential erreicht. Wie rückständig eine solche Haltung ist und wie frauenfeindlich, muss ich Ihnen nicht erklären. Aber in Zahlen ausdrücken will ich es noch: Da gehen Lehrbücher und Professoren allen Ernstes hin und lügen vor, ein Ferritinwert von 15 ng/ml genüge, um gesund zu sein. 15 ng/ml! Zum Vergleich: Ein erwachsener Mann hat normalerweise einen Wert von 100 bis 200 ng/ml. Bei Frauen und Kindern liegt er allzuoft unter 50. Sie verstehen, warum ich von der Eisenlüge rede… Da muss man natürlich erstmal tief durchatmen. Nachdenken, wirken lassen. Das ist harte Kost…

Die SIHO und die Schweizer Eisenliga bieten diesem Wahnsinn moralisch und wissenschaftlich die Stirn. Auf ethischen Grundlagen und auf der Basis harter Fakten fördern wir die Eisentherapie weiter. Seite an Seite kämpfen Ärztinnen, Ärzte und Patientinnen gegen diejenigen, die dazu tendieren, der Eisenlüge Glauben zu schenken. Im Augenblick gehört dazu leider auch Alain Berset, der federführende — unverkennbar männliche — Bundesrat, dessen Ferritinwert sich stabil im dreistelligen Bereich befinden dürfte. Er überlegt, die Kassenpflicht für die intravenöse Eisentherapie noch in diesem Jahr massiv einzuschränken. Wollen wir zulassen, dass er und unsere restliche männlich dominierte Regierung Frauen bald dafür bestraft, dass sie menstruieren müssen? Dass die Politik Kinder benachteiligt, nur weil sie wachsen?

Natürlich nicht! Denn die Schweiz löst keine Probleme auf dem Rücken von Frauen oder Kindern! Darum fordern wir heute eine Gesundheitspolitik, die einer modernen fortschrittlichen Schweiz gerecht wird. Wir fordern eine Gesundheitspolitik, die nicht nach Geschlecht oder Alter diskriminiert! Wir fordern vom Bundesrat, dass er die Frauen nicht für ihre Menstruation bestraft. Dass er den weiblichen Teil unserer Bevölkerung nicht im Stich lässt. Dass er sich darauf besinnt, was Artikel 8 unserer Bundesverfassung verspricht:

Keine Diskriminierung und rechtliche und tatsächliche Gleichgestellung! Wir fordern in der Konsequenz, dass die Kassendeckung für die intravenöse Eisentherapie im heutigen Umfang erhalten bleibt. Und wir fordern, dass sich unsere Politiker endlich ernsthaft mit im eigenen Land bei eigenen Bürgerinnen erhobenen medizinischen Daten zum Thema auseinandersetzen, statt blind — und naiv — Zahlen zu glauben, denen Motive zu Grunde liegen, die man nicht durchschaut. Eisenmangel ist eine Wissens-, keine Glaubensfrage. Lieber Bundesrat Berset, dass wir heute hier sein müssen, um eine 20 Jahre alte Errungenschaft für Frauen und Kinder zu verteidigen, ist eine Ohrfeige, die wir hinnehmen. Wie Sie sehen, scheuen Schweizer Frauen auch 2019 den Kampf nicht.

Sie haben in der Vergangenheit aber einmal gesagt “unsere Identität bemisst sich am hohen Stellenwert, den wir dem gesellschaftlichen Zusammenhalt einräumen”. Ich fordere Sie auf, sich daran zu erinnern. Opfern Sie nicht eine nationale Errungenschaft der Wissenschaft und der Gleichberechtigung am Altar minderwertiger internationaler Normen. Ihre Kinder und mit ihnen eine ganze Generation werden Sie an diesem Entscheid messen.

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